Zum rechtlichen Hintergrund

Veranstaltungen – kein rechtsfreier Raum

In Deutschland gibt es kein dezidiertes Veranstaltungsrecht. Die rechtlichen Grundlagen für die Durchführung von Veranstaltungen finden sich stattdessen in verschiedenen Verordnungen und Regeln. Maßgebend ist in der Regel hierbei die Versammlungsstättenverordnung (VStättVO), die als Teil des länderspezifischen Baurechts Vorschriften für den Bau und den Betrieb von Veranstaltungsräumen mit einer Kapazität ab 200 Personen formuliert (die Zahl der real Anwesenden ist hierbei irrelevant). Ziel der Verordnung ist vor allem, die Sicherheit von Besuchern und Mitwirkenden von Veranstaltungen zu gewährleisten. Dies geschieht beispielsweise durch die Definition von Fluchtwegen und Besucherkapazitäten aber auch durch die Beschreibung von Pflichten für die verantwortlich Handelnden. Parallele Regelungen finden sich in den Unfallverhütungsvorschriften von Berufsgenossenschaften und gesetzlicher Unfallversicherung. Allgemeine Grundlage bildet die sog. Verkehrssicherungspflicht, die sich aus §823 BGB ergibt.

Eine Vielzahl von Regelwerken bilden die rechtliche Grundlage für die Planung und Durchführung von Veranstaltungen sowie für das Betreiben von Versammlungsstätten.
Aber das gilt ja nicht für Kirchen – oder doch?

Der Anwendungsbereich der VStättVOen in Deutschland nimmt Gebäude aus, „die dem Gottesdienst gewidmet sind“. Diese Ausnahme findet ihre Begründung in der Tatsache, dass insbesondere historische Kirchengebäude nicht in der Lage sind, die baulichen Anforderungen der Verordnung zu erfüllen und im Rahmen des Bestandsschutzes oder des Denkmalschutzes nicht oder nur mit sehr hohem Aufwand an die Vorgaben angepasst werden könnten. In der Vergangenheit ist diese Ausnahme in der Praxis häufig so gedeutet worden, dass man in Kirchen jede Form von Veranstaltung mit jeder Anzahl von anwesenden Menschen durchführen kann, ohne dabei allzu sehr über die Themen Brandschutz und Sicherheit nachzudenken. Die Machbarkeit stand und steht oft noch immer im Vordergrund.

In den letzten Jahren ist die Aufmerksamkeit an diesem Punkt jedoch sowohl bei kirchlichen Verantwortlichen als auch bei Genehmigungsbehörden deutlich gestiegen. Die Rechtsauffassung hat sich durchgesetzt, dass Veranstaltungen, die in Kirchen stattfinden und nicht dem Widmungszweck Gottesdienst dienen (weltliche Konzerte, Vorträge, Ausstellungen etc.), in den Anwendungsbereich der VStättVO fallen. Gleichzeitig herrscht Einigkeit darüber, dass auch Besucher von Gottesdienst das Recht haben, dass ihre Sicherheit in der Kirche gewährleistet wird. Das Schutzziel der Verordnung als naheliegendste und gültige Regel der Technik ist also auch bei diesen Veranstaltungen als Orientierung zu nutzen – unabhängig von der formalen Gültigkeit.

Wer trägt die Verantwortung?

Die Kirchengemeinde, vertreten durch den Kirchenvorstand und dieser durch den Vorsitzenden, ist verantwortlich und haftbar für die Sicherheit des eigenen Gebäudes (Betreiberhaftung). Diese Haftung kann nicht vollständig an einen Veranstalter abgetreten werden. Im Gegenteil ist der Betreiber verpflichtet zu überwachen, dass durch das Verhalten des Veranstalters die Sicherheit des Gebäudes nicht beeinträchtigt wird. Der Betreiber ist zur Anwesenheit bei Veranstaltungen in seinem Gebäude verpflichtet. Dies kann an unterwiesenes und beauftragtes Personal delegiert werden (Pflichtenübertragung). Ist ein sicherer und ordnungsgemäßer Betrieb der Veranstaltung nicht gewährleistet, sind Betreiber und Veranstalter zur Unterbrechung oder zum Abbruch der Veranstaltung verpflichtet.

_______

Weitere Informationen zu diesem Thema und über Wege zu möglichen Veränderungs- und Handlungsschritten im Blick auf Ihre Kirche bekommen Sie gerne von mir. Ich freue mich auf Ihre Anfrage.

Zu den Angeboten | Zum Kontaktformular